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DOI: 10.1055/s-2001-16968
Endoskopische Mukosektomie statt eines chirurgischen Eingriffs bei Frühkarzinomen von Ösophagus, Magen und Kolon
Endoscopic mucosal resection instead of surgical intervention for early carcinoma of the oesophagus, stomach and small intestinePublication History
Publication Date:
06 September 2001 (online)

Frühkarzinome sind durch Beschränkung der Invasion auf Mukosa und Submukosa definiert. Dies könnte der chirurgischen Resektion plus Lymphadenektomie die rationale Basis entziehen. Vor allem in Japan wurden deshalb limitierte endoskopische Resektionstechniken entwickelt in Form der Mukosaresektion (EMR), die im Gegensatz zu den endoskopisch-ablativen Verfahren die histologische Aufarbeitung des Resektats ermöglicht. Das Prinzip ist die Flüssigkeits-Dissektion von Mukosa und Submukosa mit Abtragung der Läsion im Niveau der Submukosa.
Inwieweit eignen sich Patienten mit Frühkarzinomen von Ösophagus, Magen und Kolon für diesen Eingriff? Allein schon aus Gründen der Anatomie und der postoperativen Funktion lassen sich die drei Entitäten nicht über einen Kamm scheren. Während beim T1 Rektumkarzinom wegen der funktionellen Einschränkung nach tiefer Resektion oder Amputation die chirurgische lokale Vollwandexzision schon lange operativer Standard ist, trifft dies auf den Ösophagus und Magen nicht zu. Bei beiden Organen ist aus Gründen der Perforationsgefahr eine endoskopische Vollwandexzision nicht möglich, man muss sich auf die Schnittebene in der Submukosa beschränken. Eine aktuelle Erweiterungsmöglichkeit bietet hier die chirurgische Laparoskopie, die zumindest am Magen eine Vollwandexzision als Kombinationseingriff zulässt [1]. Am Serosa-losen Ösophagus verbietet sich jegliche Exzision bis in die Submukosa, sie wird zum Rubikon der Mukosektomie, wer sie überschreitet, gefährdet durch Perforation.
Neben diesen anatomischen Gesichtspunkten definieren Prognosefaktoren das notwendige Vorgehen. Von therapeutischer Relevanz sind der Lymphknotenstatus, die R-Klassifikation, die Tiefenausdehnung und die Multiplizität, die vor allem beim Magenfrühkarzinom häufig ist. Naturgemäß korrelieren diese Parameter eng miteinander, sodass T1a Tumoren nur in bis zu 5 % Lymphknotenmetastasen aufweisen, während bei Submukosabefall (T1b) die Rate bis zu 40 % ansteigt [2].
Damit wird das exakte präoperative Staging für die Verfahrenswahl essenziell. Leider ist aber die heute verfügbare Sonographie (mit Ausnahme der 20 MHz Schallköpfe) weder in der Lage, den Lymphknotenstatus sicher zu erfassen, noch zwischen mukosaler und submuköser Infiltration verlässlich zu unterscheiden [3] . Die Sensitivität liegt unter 80 %, weshalb einige Autoren eher das endoskopische bzw. chirurgische Erscheinungsbild und das grading als Indikationskriterium heranziehen. So sollten allein polypöse und flach-wachsende, gut differenzierte Tumoren eine EMR erfahren, nicht aber ulzerierte oder eingesunkene, schlecht differenzierte Läsionen, mit ihrer hohen Wahrscheinlichkeit für Infiltration der Submukosa oder Lymphknotenbefall. Insgesamt korrelieren aber die makroskopischen und bioptischen Befunde nur in knapp 80 % mit dem definitiven histologischen Ergebnis. Dies liegt an der histologischen Heterogenität der Frühkarzinome mit eingeschränkter Repräsentativität der bioptischen Differenzierung. So zeigen 11 % der ursprünglich als differenziert klassifizierten Tumoren später ein undifferenziertes Wachstum [4].
Damit ist die präoperative endosonographische und bioptische Diagnostik nicht in der Lage, mit ausreichender Sicherheit zwischen der Notwendigkeit zur lokalen oder totalen Exzision zu stratifizieren. Dies wird belegt durch einen hohen Anteil (bis zu 36 %) nicht-kurativer endoskopischer Mukosektomien sowie von Lokalrezidiven an der Abtragungsstelle sog. »kurativer« EMR’s [5]. Jede Nachresektion hat aber wegen potenzieller Tumorverschleppung per se eine signifikant schlechtere Prognose.
Methodenkritisch ist zudem anzumerken, dass die wesentlichen Ergebnisse der endoskopischen Mukosektomie bei Frühkarzinomen aus rein retrospektiven japanischen Daten stammen. Unsicher ist, ob diese Daten auf andere Populationen übertragbar sind und nicht eine spezifische japanische Entität darstellen. Beträgt der Anteil von Frühkarzinomen in japanischen Studien bis zu 50 %, liegt er in Westeuropa bei 10-25 % [3] [6]. Wennschon in Japan nur ein kleiner Teil der Patienten mit Frühkarzinomen die Voraussetzungen zur endoskopischen Mukosektomie erfüllt [2], dürfte die absolute Anzahl geeigneter Patienten in Europa entsprechend geringer sein.
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Prof. Dr. Dr. h.c. V. Schumpelick
Dr. med. S. Willis
Chirurgische Universitätsklinik und
Poliklinik der RWTH
Pauwelsstraße 30
52074 Aachen